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Eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen ist besonders bei einer rein pflanzlichen Ernährung nicht oder nur schwer möglich. Der kritischste Nährstoff – ganz besonders für Veganer – ist das Vitamin B12. Ob Vitamin-B12-Lebensmittel für vegan lebende Menschen zur Verfügung stehen, erfährst du hier.
Vitamin B12 ist der Sammelbegriff für verschiedene Cobalamine, einer Untergruppe aus dem Vitamin-B-Komplex. Im Körper trägt Vitamin B12 unter anderem zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei. Außerdem leistet es einen Beitrag zu einer normalen Funktion des Nerven- und Immunsystems. Da Cobalamine nur von Mikroorganismen (Bakterien) gebildet werden können, zählt das wasserlösliche Vitamin für den Menschen zu den essenziellen Mikronährstoffen.
Das mit der Nahrung oder durch Präparate zugeführte Vitamin B12 kann auf zwei verschiedenen Wegen vom Körper aufgenommen werden:
- durch das Transportprotein Intrinsic Factor (IF) im Dünndarm und
- durch passive Diffusion an den Schleimhäuten von Mund und Dünndarm.
Die Aufnahmefähigkeit von Vitamin B12 über den Intrinsic Factor liegt bei maximal 1,5 bis 2 µg (Mikrogramm) pro Mahlzeit. Bei höheren Dosen erfolgt zusätzlich eine passive Diffusion mit einer Absorptionsrate von einem Prozent.[1] Etwa 60 Prozent des Gesamtkörperbestandes an Vitamin B12 (2-5 mg) werden in der Leber und circa 30 Prozent in der Muskulatur gespeichert.[1][2]
Übrigens: Auch der Mensch kann Cobalamin synthetisieren. Das von der Dickdarmflora gebildete Vitamin B12 wird allerdings ungenutzt wieder ausgeschieden, da die eigentliche Vitamin-B12-Aufnahme im unteren Dünndarm stattfindet. Daher ist der Mensch auf die Zufuhr von Vitamin B12 mit geeigneten Nahrungsmitteln angewiesen.[3]
Formen von Vitamin B12
Zu den bekanntesten Vitamin-B12-Formen zählen:
- Methylcobalamin – natürliche und bioaktive Form von Vitamin B12 mit einer hohen Bioverfügbarkeit.
- Adenosylcobalamin – natürliche und bioaktive Form von Vitamin B12 mit einer hohen Bioverfügbarkeit.
- Hydroxocobalamin – natürliche Form von Vitamin B12, die der Körper gut speichern kann.
- Cyanocobalamin – synthetische Form von Vitamin B12, die im Körper in die aktiven Formen umgewandelt werden muss.
Tagesbedarf von Vitamin B12
Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) liegen die Zufuhrempfehlungen für Kinder ab 13 Jahren sowie für Jugendliche und Erwachsene bei 3 µg Vitamin B12 pro Tag.[4] Der Tagesbedarf ist abhängig vom Alter, Geschlecht und der Lebenssituation. Bei Stress, Leistungssport oder einer Erkrankung des Magen-Darm-Trakts sowie während der Schwangerschaft und Stillzeit ist der Vitamin-B12-Bedarf erhöht. Zudem müssen besonders Veganer ihre Vitamin-B12-Versorgung auf anderem Wege sicherstellen, da pflanzliche Lebensmittel keine guten Vitamin-B12-Lieferanten sind.
Vitamin B12 kommt in einer für den Menschen verfügbaren Form nur in tierischen Lebensmitteln vor.[5] Für einige Tierarten wie Pflanzenfresser und Wiederkäuer reicht die enterale Eigensynthese (Bildung durch die Darmflora) zur Deckung des Vitamin-B12-Bedarfs völlig aus. Der Mensch ist allerdings auf die Zufuhr von Vitamin B12 mit geeigneten Nahrungsmitteln angewiesen.
Vitamin-B12-Gehalt in tierischen Lebensmitteln:
Lebensmittel (100 g) | Vitamin B12 (in µg) |
Rinderleber | 65 |
Schweineleber | 39 |
Sardelle im Öl | 21 |
Wildlachs | 6,9 |
Hühnerei, festgekocht | 5,4 |
Emmentaler, vollfett | 3,1 |
Brie, halbfett | 2,1 |
Hüttenkäse | 1,0 |
Natur-Joghurt | 0,5 |
Kuhmilch | 0,11 |
Vegane Vitamin-B12-Quellen
Wissenschaftliche Quellen schreiben den veganen Nahrungsmitteln Sauerkraut, fermentierte Sojaprodukte, Shiitake-Pilze sowie Wurzel- und Knollengemüse Spuren von Vitamin B12 zu. Diese geringen Mengen reichen allerdings zur Bedarfsdeckung nicht aus.[5] Zudem sind die wissenschaftlichen Standpunkte widersprüchlich, ob das enthaltene Vitamin B12 in einer für den Menschen verfügbaren Form vorliegt. Eine Tabelle mit Vitamin-B12-Lebensmitteln für vegan lebende Menschen können wir dir also nicht bieten. In einer kurzen Übersicht fassen wir noch einmal die veganen Lebensmittel zusammen, die entgegen einiger Meinungen im Web, keine belegbaren oder wissenschaftlich gesicherten Vitamin-B12-Gehalte aufweisen.
Zur Vitamin-B12-Versorgung ungeeignete vegane Lebensmittel:
Vegane Lebensmittel | Aussage zum Vitamin-B12-Gehalt |
Sauerkraut | keine gesicherten Werte, Anteil an echtem Vitamin B12 ist nicht bekannt[6] |
Shiitake-Pilze | enthalten Vitamin B12, Menge stark schwankend[5] |
Wurzelgemüse (ungewaschen, ungeschält) | kann Vitamin B12 durch Kontamination enthalten, Werte nicht erforscht[6] |
Weizengrassaft | kann Vitamin B12 durch Kontamination enthalten, keine gesicherten Werte[6] |
Hefe | europäische Nährhefe enthält, sofern nicht speziell angereichert, kein Vitamin B12[6] |
Sind Vitamin-B12-Analoga ein guter Ersatz für Veganer?
Sogenannte Vitamin-B12-Analoga, auch Pseudovitamin B12 genannt, haben eine ähnliche chemische Struktur, sind biologisch inaktiv und können vom menschlichen Organismus nicht verwertet werden. Vitamin-B12-Analoga können die Aufnahme von Cobalamin sogar noch verschlechtern, indem das Pseudovitamin die Transportmoleküle besetzt und so die Aufnahme von Vitamin B12 hemmt.[8]
Gibt es mit Vitamin B12 angereicherte vegane Lebensmittel?
Vitamin-B12-Lebensmittel, die sich für vegan lebende Menschen eignen, sind angereicherte Nahrungsmittel wie vegane Ersatzprodukte, Cornflakes, Müsli, Riegel und Fruchtsäfte. In Deutschland enthalten die mit Vitamin B12 angereicherten Produkte jedoch meistens zu geringe Mengen, um den täglichen Bedarf vollständig zu decken. Zudem dürfen Bio-Produkte nicht mit Vitamin B12 angereichert werden.
Sind Algen alternative Vitamin-B12-Lieferanten für Veganer?
Vielversprechender sollen dagegen Meeresalgen als Vitamin-B12-Lebensmittel für vegan lebende Menschen sein. Unter anderem wurde untersucht, ob verschiedene Algen wie Spirulina (Blaualge), Chlorella (Grünalge) und Nori (Rotalge) biologisch aktives Vitamin B12 enthalten. Die Untersuchungen ergaben, dass es sich bei Spirulina um Vitamin-B12-Analoga handelt, also um die biologisch inaktive Form, die vom menschlichen Körper nicht verwertet werden kann. Die Bioverfügbarkeit von Cobalamin in der Rotalge Nori ist noch unklar.
Mikroalgen wie Chlorella können zwar selber kein Vitamin B12 synthetisieren, sind aber in der Lage, eine für den Menschen bioverfügbare Vitamin-B12-Form aus der Umgebung aufzunehmen und anzureichern.[7] Experten schreiben Chlorella ebenfalls bioverfügbares Vitamin B12 zu.[8] Das Chlorella biologisch aktives Vitamin B12 enthält, wurde auch in Studien nachgewiesen.[9][10] Je nach Anbau- und Wachstumsbedingungen kann der Vitamin-B12-Gehalt in Chlorella-Algen jedoch schwanken. Daher ist nach aktuellem Forschungsstand noch nicht eindeutig geklärt, ob Chlorella als alleinige Vitamin-B12-Quelle für Veganer ausreichend ist.
Wie entsteht bei Veganern ein Vitamin-B12-Mangel?
Generell entsteht ein Vitamin-B12-Mangel erst dann, wenn über mehrere Jahre hinweg zu wenig Vitamin B12 aufgenommen wurde.[11] Bei einer westlichen Ernährungsweise mit einem hohen Anteil an tierischen Lebensmitteln ist ein Vitamin-B12-Mangel eher selten anzutreffen. Bei einer veganen Ernährung werden jedoch keine tierischen Lebensmittel verzehrt und somit auf die wichtigsten Vitamin-B12-Lieferanten verzichtet. Demzufolge können Veganer ihren Vitamin-B12-Bedarf nicht über die Nahrung decken und sind auf Nahrungsergänzungsmittel angewiesen. Mindestens einmal im Jahr sollten vegetarisch und vegan lebende Menschen ihre Versorgung mit Vitamin B12 ärztlich überprüfen lassen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen. Die Diagnose eines Vitamin-B12-Mangels erfolgt durch die Bestimmung des Serum-Cobalamin-Spiegels im Blut.
Wie können Veganer ihre Vitamin-B12-Versorgung optimieren?
Da tierische Vitamin-B12-Lebensmittel für vegan lebende Menschen wegfallen und es bei veganen Lebensmitteln noch keine wissenschaftlich gesicherte Vitamin-B12-Quelle gibt, rät die DGE Veganern zur Verwendung von angereicherten Lebensmitteln oder zur Supplementierung mit entsprechenden Vitamin-B12-Präparaten.[1][12] Pflanzliche Alternativen wie zum Beispiel die Grünalge Chlorella, können als zusätzliche Lieferanten für Vitamin B12 verwendet werden.
Bei Vitamin-B12-Präparaten solltest du darauf achten, dass sie keine Inhaltsstoffe wie Laktose oder Gelatine enthalten und das Vitamin-B12-Präparat als vegan ausgewiesen ist.
Quelle für die Nährwerte:
- Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Schweizer Nährwertdatenbank Version 5.3 [Internet]. Verfügbar unter: naehrwertdaten.ch
Einzelnachweise und Anmerkungen:
- [1] Vgl. Elmadfa, I.; Leitzmann, C. (2015): „Ernährung des Menschen“, Verlag Eugen Ulmer 2015.
- [2] Vgl. Biesalski, H. K. et al.: „Ernährungsmedizin“, Georg Thieme Verlag 2010.
- [3] Vgl. DocMedicus Vitalstofflexikon: „Cobalamin (Vitamin B12)“, abgerufen am 23. September 2019.
- [4] Vgl. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.: „Referenzwerte Vitamin B12“, abgerufen am 23. September 2019.
- [5] Vgl. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.: „Woher bekommen Veganer Protein und Vitamin B12?“, abgerufen am 23. September 2019.
- [6] Vgl. Dr. Schweikart: „Vitamin B12: Vegetarier und Veganer“, abgerufen am 24. September 2019.
- [7] Vgl. Verbraucherzentrale (2019): Vitamin B12-Ergänzung für Blutbildung, Nervenfunktion und Immunsystem?, abgerufen am 01. Februar 2021.
- [8] Vgl. Ullmann, J. (2015): „Algen als natürliche Vitamin B12-Quelle“, Paracelsus Magazin, abgerufen am 01. Februar 2021.
- [9] Vgl. Watanabe, F. et al. (2014): Vitamin B12-Containing Plant Food Sources for Vegetarians, Nutrients, 6, 1861-1873, abgerufen am 01. Februar 2021.
- [10] Vgl. Watanabe F., Minireview – Vitamin B12 Sources and Bioavailability, Exp Biol Med 232:1266.1274, 2007.
- [11] Vgl. PharmaWiki (2016): „Vitamin-B12-Mangel“, abgerufen am 24. September 2019.
- [12] Vgl. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (2016): „Vegane Ernährung – DGE rät zu Nährstoffpräparaten und qualifizierter Beratung“, DGE aktuell, abgerufen am 23. September 2019.